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Die Kunst des Weins

Der Südtiroler Winzer Franz Graf Pfeil über Wein, Kunst und die Wandlung.

Franz Graf Pfeil, Ihre Weine genießen einen exzellenten Ruf, Sie gelten in Ihrer Branche als Eigenbrötler. Wie sind Sie zum Winzer geworden?

 

Franz Graf Pfeil: Ich war ein Schulversager und da ich die Matura (das Abitur, die Red.) nicht geschafft habe, musste ich irgendetwas lernen.

 

Und da haben Sie sich für den Winzerberuf entschieden? Das liegt aber nicht in der Familientradition?

 

Pfeil: Nein, aber ich habe schon immer gerne getrunken. Da ich ein kreativer Mensch bin, hat mir der Wein die Gelegenheit gegeben, kreativ zu sein. Wein ist Kunst, die man vermarkten kann. Reine Kunst betrachten die meisten Menschen als nicht so lebensnotwendig. Beim Wein ist das anders, der gehört für viele zum Ernährungsbereich, da ist die Chance größer, dass die Leute mit dieser Kunst in Kontakt kommen.

 

Wein als Stück vergängliche Kunst?

 

Pfeil: Ab wann ist etwas vergänglich? Alles ist im Endeffekt vergänglich. Wein hat gewiss eine kürzere Laufzeit als ein Mühlstein oder eine Skulptur. Aber wenn man einen guten Wein trinkt – das beginnt schon beim ersten Riechen – weckt er ein Gefühl in Einem, und dieses Gefühl und dieser Geschmack bleibt im Gedächtnis erhalten. Dieses Gefühl vergleichst du mit anderen Gefühlen.

 

Wein schult die Sensorik?

 

Pfeil: Na klar. Er kann einen in wunderschöne Rauschzustände versetzen. Wein heißt aber immer auch schmecken und vergleichen. Seit fünf Jahre biete ich beispielsweise einen Geheimniswein an. Da steht nur Corona Segreto auf dem Etikett, keine Weinsorte, nur der Jahrgang.

 

Immer eine andere Weinsorte?

 

Pfeil: Ja, das kann aber sowohl ein Cuvee als auch ein sortenreiner Wein sein. Kommen wir nochmal auf Ihre Anfänge als Winzer zurück. Pfeil: Wie gesagt, ich bin schultraumatisiert und da hab‘ ich die Weinbauschule gemacht und ein Handwerk gelernt. Dort bin ich ein wenig enttraumatisiert worden. Ich hatte tolle Lehrer – sowohl fachlich als auch menschlich. Wir waren beispielsweise mit unserem Schulleiter Dr. Götz in Piemont, um dort den Weinbau kennenzulernen. Da hat es eines Tages furchtbar gehagelt und fast die ganze Ernte vernichtet. Da ist er in Tränen ausgebrochen. Das hat mir sehr imponiert.

 

Das hat Sie geprägt?

 

Pfeil: Ja natürlich. Durch Weinanbau kannst Du seelischen Foltern entkommen. Du erhältst ein Verständnis, mit welchen Weinen und welchen Mengen ich welche Rauschzustände erreiche.

 

Sie selbst haben einmal gesagt, sie seien stets auf der Suche nach der perfekten Traube.

 

Pfeil: Ich hege und pflege meine Trauben, ich möchte der Traube alles, was mir möglich ist, zur Verfügung stellen, damit sie sich optimal entwickeln kann. Das klingt wie in der Erziehung. Pfeil: Das können sie vergleichen. Sie geben ihren Kindern alles Menschenmögliche mit, was sie daraus machen, liegt aber letztlich auch an ihnen selbst.

 

Die Weinentwicklung als Erziehungsprozess?

 

Pfeil: Die Weinwerdung ist ein Transformationsprozess. Der Winzer bestimmt den Tod der Traube, dann kommt sie in den Keller, in die Folterstube. Der Keller ist gleichzeitig das Grab der Traube und in der Gruft – im Tod – entsteht die Transformation, es entsteht der Geist. Das klingt sehr philosophisch. Pfeil: Der Geist ist messbar, aus 1,3 Kilo Most entsteht hinterher ein Liter Wein. Und der Trinker schließlich bestimmt, wann der Wein getrunken wird, das Ende wiederum. Und das Ganze zu begleiten, das finde ich toll. In der Zusammenarbeit mit der Natur soll Wein entstehen.

 

Sie setzen ganz bewusst auf wenig Technik im Weinkeller, sie machen weder Schönungen, noch Schleifungen?

 

Pfeil: Ich sehe mich als Teil der Natur und an der kann ich keinen Frevel begehen, das wäre ja eine Selbstverstümmelung.

 

Die Traube steht immer im Mittelpunkt?

 

Pfeil: Ja, die soll ihr Potential voll ausschöpfen. Das fängt beim Rebstock an. Wenn der sich wohlfühlt, arbeitet er besser. Ich muss die optimalen Bedingungen schaffen. Die sehen in einem feuchten Jahr ganz anders aus als in einem trockenen Jahr, da musst du kreativ sein. Wann ist der richtige Erntezeitpunkt gekommen? Kann ich der Traube noch ein paar Tage geben, oder ernte ich sofort. Was kann noch passieren? Da brauchst du Sensorik und Gefühl. Es ist schwierig, Entwicklungen zu prognostizieren. Ich muss ja auch nicht alles auf einmal ernten.

 

Sie gehen durch jeden Rebstock?

 

Pfeil: Selbstverständlich. Die Reben am Rande eines Anbaugebiets entwickeln sich anders als die, die in der Mitte stehen. Manche kriegen mehr Regen ab, manche mehr Sonne. Ich ernte manche Sorten sechs- bis siebenmal pro Erntezeitraum, so dass ich auch sechs bis sieben Weine dieser Sorte habe. Und die kann ich dann ganz kreativ wieder zusammenfügen.

 

Ihre Weine sind nicht zertifiziert?

 

Pfeil: Nein, ganz bewusst nicht. In diese Bürokratie gehe ich nicht rein. Ich mach‘ keine Analysen meiner Weine. Die DOC-Weine müssen gewisse Normen erfüllen. Die werden dann von Leuten verkostet, die genau solche Weine selbst produzieren. Solche Weine will ich nicht. Ich hab‘ auch gar nicht die Mengen. Ich baue 15 verschieden Sorten an, von manchen Weinen habe ich gerade 1.000 Flaschen. Ich arbeite auch streng biologisch, bin aber nicht zertifiziert.

 

Haben Sie einen Lieblingswein?

 

Pfeil: Das ist wie bei der Musik. Zu einer gewissen Zeit, gehört ein gewisser Wein. Nein, einen Lieblingswein habe ich nicht, sondern viele.

 

Über die Person:

Graf Pfeil hat einen Lebenstraum: „Ich möchte hier etwas schaffen, das nachhaltig ist und über Generationen schöner wird, das mir und meinem Umfeld Freude und mich unabhängig macht.“ Eingebettet in die Hänge des Burggrafenamtes und bevorzugt vom milden mediterranen Klima rund um die Kurstadt Meran liegt Pfeils gräfliches Weingut Kränzel. Der Ansitz ist eine Mischung aus Bauernhof und Schloss. Der erste schriftliche Hinweis auf das Bestehen des Betriebes findet sich in einer Urkunde aus dem Jahre 1350. Graf Franz Pfeil führt die uralte Weinbautradition auf dem Kränzelhof weiter und produziert hier charaktervolle und individuelle Weine, die Jahrgang und Herkunft erkennen lassen. Bis es soweit war, galt es einige Widerstände zu überwinden und den eigenen Weg zu finden. Als Franz Pfeil den Weinbaubetrieb im Jahr 1981 übernahm, brach er gleich mit zwei Traditionen: Als erstes rodete der junge Mann die vielen Apfelbäume und baute Wein an – obwohl Äpfel schon damals geschäftlich mehr Ertrag einbrachten. Als nächstes trat er aus der Winzergenossenschaft aus, um ohne Zwang seinen eigenen Weg beim Weinbau gehen zu können. Heute baut der Graf Wein auf sechs Hektar an, davon die Hälfte im Eigenbesitz. Als Ergebnis erhält er 30 000 Flaschen unter anderem mit Weißburgunder, Chardonnay, Blanc de Noir, Blauburgunder, Vernatsch, Merlot, Lagrein sowie die besonderen Kreationen Corona, Helios und Sagittarius.

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